Patagonien, Falkland Inseln, Südgeorgien 2017 (04)

S Ü D G E O R G I E N (South Georgia)

Dieses Inselgebiet ist ein Teil des Bergkamms Scotia Arc, der unter dem Meer liegt und die südargentinischen Anden mit der Antarktischen Halbinsel verbindet. Der lange und schmale Bergkamm wirkt wie ein gebogener und zersplitterter Walknochen. Er ist über 170 km lang und zwischen 2 und 40 km breit. Zwei Gebirgszüge, Allardyce und Salvesen, bilden das Rückgrat der Insel und erreichen mit dem Mount Paget eine Höhe von 2934 Metern. Elf Berge Südgeorgiens bringen es auf eine Höhe von über 2000 m. Das Klima ist rau, kühl und feucht. Mehr als 160 hohe Gletscher, von denen viele bis ans Meer heranreichen, Eiskappen und Schneefelder bedecken 75 Prozent der Insel während der kurzen Sommermonate von November bis Januar. Im Winter, von Juli bis September reicht die Schneedecke sogar bis ins Meer hinein. Die gesamte Landfläche des Gebiets beläuft sich auf 3903 km². Die gebirgige, zerklüftete und zumeist von Eis bedeckte Landschaft macht den Großteil der Inseln nur eingeschränkt begehbar. Die Südwestküste ist den Westwinden ausgesetzt und verfügt deshalb über ein kälteres, stürmischeres und im Allgemeinen sehr unwirtliches Klima. Die Nordostküste liegt im Windschatten der Berge. Somit ist dort das Klima angenehmer und der Seegang in den Buchten ist ruhiger.

Südgeorgien und die Südlichen Sandwichinseln sind ein britisches Überseegebiet im Südatlantischen Ozean. Das Inselgebiet liegt 1400 km östlich der Falklandinseln und ist nur 3677 km vom Südpol entfernt. Es setzt sich aus der Hauptinsel Südgeorgien und den zu dieser Insel gehörenden kleineren Inselgruppen sowie den etwa 600 bis 800 km südöstlich gelegenen Südlichen Sandwichinseln zusammen.

Einige der Südlichen Sandwichinseln sind vulkanischen Ursprungs. Ein Teil der dortigen Vulkane ist noch aktiv.

Karte_Südgeorgiens_und_der_Südlichen_Sandwichinseln

Das Gebiet wird von Argentinien beansprucht, mit Verweis auf frühe spanische Sichtungen. Argentinien sieht sich hierbei als Erbe Spaniens.

Die Inseln bilden das südlichste Überseegebiet der Welt, da alle Inseln südlich der Cook Inseln unter den Antarktisvertrag fallen und somit keinem Staat gehören.

Mit dem Erreichen der Falkland Inseln, hier hat auch die Regierung von Südgeorgien und der Südlichen Sandwichinseln ihren Sitz,  hatten wir ca. die Hälfte der Distanz nach Südgeorgien (South Georgia) erreicht und nun ging es weiter Richtung Konvergenz, der biologischen Grenze der Antarktis im Norden, mit dem Zirkumpolarstrom, der sogenannten Antarktischen Konvergenz. Dieser Treffpunkt der polaren und subpolaren Meeresströmungen wird Konvergenz genannt. Sie beeinflusst nicht nur die Ausdehnung und Richtung der Wasser- und Eisbergbewegungen, sondern sorgt auch für ein besonders reichhaltiges Nahrungsangebot im Südatlantik. Auf unserem Weg nach Süden konnten wir deshalb eine Vielfalt an Seevögeln beobachten. In der zweiten Nacht auf See, überfuhren wir die Konvergenz und die Temperatur des Meeres sank um 2 Grad, was einen enormen Temperaturabfall und stürmische Winde verursachte. Vorbei war die Zeit der T-Shirts und Hemden. Windjacken waren nun angesagt.

Sea Spirit, Poseidon Expeditions
Sea Spirit, Poseidon Expeditions

Unser Schiff, die Sea Spirit ist ein relativ kleines und schnelles Schiff. Max. 116 Passagiere hätten Platz, aber es waren nur 71 Passagiere an Board, für die eine Manschaft mit über 80 Personen da war. Es ist sehr gut ausgestattet, hat Stabilisatoren, was bei rauer See hilfreich ist, eine hervorragende Küche und eine sehr gute Mannschaft, die unglaublich flexibel auf Wetterumschwünge reagiert. Über eine Osmoseanlage werden täglich 40.000 Liter Meerwasser in Trinkwasser aufbereitet und die Brücke ist mit modernster Technik ausgestattet.

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Blackbox der Sea Spirit
Blackbox der Sea Spirit

Wie Flugzeuge, wurden auch Schiffe mit einer Blackbox ausgerüstet, die rund um die Uhr die gesamte Kommunikation auf der Brücke und alle Navigationsdaten aufzeichnet.

Das Schiff ist auch mit 12 Zodiacs ausgerüstet, die ständig durch die Mannschaft in Schuss gehalten wurden.

img_2268.jpg Die lange Fahrt auf See wurde für verschiedene interessante Vorträge benützt, aber auch für Schulungen durch Martin Zwick, unseren Fotoguide. So manches Thema war Wiederholung, was aber für alle Gruppenteilnehmer mit 60 plus kein Nachteil war.

img_2297.jpg Daneben versuchten wir mit etwas Vogelfotografie die Zeit zu überbrücken. Schwarzbrauen Albatros, Wanderalbatros, Südlicher Sturmvogel, Kapsturmvogel und Möven führten uns immer mal wieder ihre Flugkünste vor. Es ist unglaublich, wie geschickt sie die Aufwinde nutzten.

Mein Fotokollege Ernst N. aus Wien sagte: „Er hätte viele unglaublich scharfe Fotos der Wellen gemacht, nur die Vögel wären unscharf.“ Dem gab es von meiner Seite nichts hinzuzufügen.

Teilweise fehlen Vögel über lange Zeit, ausser der Wind legt zu. Man hatte den Eindruck, dass die Vögel, je stärker der Wind, umso lieber fliegen.

 

S H A G   R O C K S  Donnerstag, 26.10.2017

Nach dem wir am 24. Abends die Falkland Inseln verlassen hatten, erreichten wir die Shag Rocks zwei Tage später. Unser Kapitän steuerte das Schiff so nah wie möglich an diese kleinen Felsinseln. Das Wetter war schlecht, aber immer wieder riss die Nebeldecke auf und wir konnten noch ein paar Blicke auf die grosse Kormoran Kolonie werfen und ein paar Bilder von den fliegenden Kormoranen machen. Die Gruppe besteht aus sieben felsigen Inseln (inkl. Black Rock) und gehört politisch zum Britischen Überseegebiet Südgeorgien und den Südlichen Sandwichinseln. Diese Inseln ragen steil aus dem Wasser heraus und erreichen eine Höhe von knapp 75 Metern. Die gesamte Landfläche der Inselgruppe beträgt nur 20 Hektar (0,2 km²).

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Königskormoran (Imperial Shag)
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Königskormoran (Imperial Shag)
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Shag Rocks, Brutplatz für tausende Königskormorane (Imperial Shags)

Wir kamen am frühen Morgen des 27.10.2017 vor Südgeorgien an, nach mehr als 60 Stunden auf See, davon mehr als die Hälfte mit stärkerem Seegang. Das hinderte uns aber nicht, erste Vorbereitungen zu treffen. Schliesslich mussten ja die Vorschriften für die Anlandungen erfüllt werden. Jeder Passagier musste sich in eine Liste eintragen und bekam somit einen Platz am Staubsauger um die Kleider und den Rucksack zu saugen, besonderes Augenmerk wurde auf Klettverschlüsse gelegt. Auch die Gummistiefel für die nassen Anlandungen mussten gesäubert und desinfiziert werden. Die Vorschriften in der Subantarktis und der Antarktis sind sehr streng. Es geht vor Allem darum, keine Samen von fremden Pflanzen einzuschleppen. Auf Südgeorgien werden grosse Anstrengungen unternommen, artfremde Tiere und Pflanzen zu entfernen. So wurden über 7,5 Millionen Dollar aus privaten Spenden aufgewendet, um die norwegische braune Wanderratte auszurotten. Diese kam mit den Schiffen der Walfänger und hat sich explosionsartig vermehrt und auf bestimmten Teilen Südgeorgiens ausgebreitet. Nur dank den 160 Gletschern, 56% Südgeorgiens ist permanent mit Eis und Schnee bedeckt, konnte sie nicht in alle Gebiete vordringen. Die Ratten fanden sich gut zurecht und hatten durch die bodenbrütenden Vögel reichlich Nahrung. Die Vogelbestände gingen aber drastisch zurück. Derzeit werden spezielle Köder ausgelegt und laufend überprüft, ob noch Spuren der Ratten zu finden sind. Die Insel gilt als vermutlich rattenfrei, die Bestände einiger Vögel nehmen wieder zu. Das Wetter war aber richtig schlecht, mit sehr starkem Wind und Seenebel, dass wir an der ersten Anlandestelle, in Salisbury Plain, gar keine Chance bekamen. Unser Kapitän und unsere Expeditionsleiterin Anja hatten aber sehr schnell einen Plan B zu Hand. Und so fuhren wir weiter Richtung Süden, bis zum besseren Wetter.

G O D T H U L Freitag, 27.10.2017

Godthul war unsere erste Anlandung auf Südgeorgien mit einem Strand voller Walknochen, ein paar rostigen Tanks und vermoderten Booten der Walfänger. Der Strand war dicht besetzt von riesigen, trägen See-Elefanten (Elephant Seals) und ein paar aufmerksamen und quirligen Seebären (Fur Seals). Die See-Elefanten sind riesige, bis zu 4 Tonnen schwere und und bis zu 6 m lange unförmige Tiere, die sich relativ (für ihr Gewicht) schnell vorwärts bewegen können. Allerdings nur für ca. 10 m, dann müssen sie sich wieder hinlegen und Pause machen. Sehr viele Weibchen bringen derzeit ihr Junges zur Welt. Erkennbar ist dies immer an einer grossen Menge an Riesensturmvögeln, Raubmöven und anderen Möven, die Versuchen etwas von der Nachgeburt zu erwischen. Die Mutter kümmert sich rührend um das Kleine, während dessen die Vögel mit blutigen Schnäbeln sich um die Plazenta streiten. Die Kleinen leben sehr gefährlich an der Seite der Mütter, da immer wieder die Bullen ihren Harem verteidigen müssen und die Kleinen dabei keine Chance haben und einfach plattgedrückt werden. Deshalb sind so dicht besetzte Strände auch für uns gefährlich und es ist besser, etwas Abstand zu halten.

See-Elefanten (Elephant Seals), Godthul
See-Elefanten (Elephant Seals), Godthul
Alte Rost -Tanks auf Godthul

Danach ging es durch den Tussock einen Hang hoch, zu zwei Eselspinguin Kolonien, wo die einen bereits am Brüten waren, während andere noch die Nester bauten. Gleich daneben konnten wir Südliche Riesensturmvögel (Southern Giant Petrels) ganz aus der Nähe beim Brüten beobachten. Der Südgeorgien Pieper (South Georgia Pipit) ist ein nur auf Südgeorgien vorkommender Singvogel.

Eselspinguin (Gentoo Penguin), Godthul
Eselspinguin (Gentoo Penguin), Godthul
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Südlicher Riesensturmvogel beim Brüten (Southern Giant Petrel), Godthul
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Südlicher Riesensturmvogel beim Brüten (Southern Giant Petrel), Godthul

Anders ist es bei den Seebären. Die besetzen ein Territorium im Wasser, am Strand und dahinter und verteidigen es mit aller Konsequenz. Wir wurden besonders vor ihnen gewarnt, da wir ihr Territorium nicht erkennen konnten und sie auch von hinten angreifen und mit ihren grossen Zähnen schwere Verletzungen zufügen können. Sie sind auch unglaublich schnell und bewegen sich im Gelände auf ihren Flossen ähnlich einem Hund mit vier Beinen. Aus etwas Entfernung konnten wir spielende Seebären im Wasser beobachten.

Junge Antarktische Seebären (Antarctic Fur Seals), Godthul

Mit den Zodiacs ging es wieder zurück zur Sea Spirit um sich aufzuwärmen, zu essen und die Kleider zu trocknen.

O C E A N   H A R B O U R  Freitag, 27.10.2017

In dieser Zeit steuerte der Kapitän Ocean Harbour an und es hiess wieder, fertig machen zur nächsten Anlandung. Das Anziehen in vier Schichten, mit Wind, Regen und Seewasser schützende Daunenjacke, Gummistiefel, Mütze, Sonnencreme auftragen, Sonnenbrille aufsetzen und Rettungsweste anziehen ging zu Beginn etwas langsam, mit der Zeit aber routiniert. Nur wenn an der Marina (Einsteigestelle in die Zodiacs) starker Wellengang war und es dadurch zu Verzögerungen kam war es in dieser Aufmachung zu warm im Schiffsinneren.

Ocean Harbour war eine Walfangstation bis 1920. Damals wurde dann das meiste abgetragen und nach Stromness gebracht. Nur noch wenige Relikte aus dieser Zeit sind noch vorhanden.

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Diese Rostteile werden heute als „Historisch“ betrachtet und deshalb dürfen sie auch nicht mehr entsorgt werden. Ein cleverer Schachzug, wenn man bedenkt, dass die Entsorgung Unsummen verschlingen würde.

Mir fällt dazu eine Passage aus einem Büchlein ein, das ich in der Schiffsbibliothek gelesen habe:

„Wir Menschen verunreinigen mit der einen Hand,

reinigen mit der anderen und dann

waschen wir unsere Hände in Unschuld.“

 

Etwas entfernt liegt das Schiffswrak der „Bayard“, das sich die Natur so nach und nach zurückerobert.

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Schiffswrak der Bayard, Ocean Harbour
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Königskormorane (Imperial Shags) auf dem Wrak der Bayard, Ocean Harbour
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Schiffswrak der Bayard, Ocean Harbour
Königskormoran mit Nistmaterial (Imperial Shag), Ocean Harbour
Königskormoran mit Nistmaterial (Imperial Shag), Ocean Harbour
Raubmöve (Antarctic Skua), Ocean Harbour

Der Strand ist fest in der Hand der See-Elefanten und einzelner Seebären. Die See-Elefanten sind die grösste Robbenart und haben ihren Namen von der rüsselförmigen Verlängerung der Nase bei den Männchen. Sie wurden aus Profitgier nahezu ausgerottet. Aus ihnen stellte man günstiges Lampenöl her und aus ihren Knochen Düngemittel. Heute haben sich die Bestände wieder erholt und sie stehen auch weiterin unter Schutz.

See-Elefanten Weibchen beim Säugen ihres Jungen (Elephant Seal with Cup), Ocean Harbour
See-Elefanten Weibchen beim Säugen ihres Jungen (Elephant Seal with Cup), Ocean Harbour
See-Elefanten Weibchen mit ihrem Jungen (Elephant Seal with Cup), Ocean Harbour
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See-Elefant (Elephant Seal), Ocean Harbour
See-Elefant (Elephant Seal), Ocean Harbour
See-Elefant (Elephant Seal), Ocean Harbour
See-Elefant (Elephant Seal), Ocean Harbour
See-Elefant (Elephant Seal), Ocean Harbour
See-Elefant (Elephant Seal), Ocean Harbour
Antarktischer Seebär (Antarctic Fur Seal), Ocean Harbour

Diese zweite Anlandung konnten wir wiederum bei sehr guter Witterung machen und wir waren entsprechend müde, als wir gegen abend wieder auf die Sea Spirit zurück kamen. In der Nacht fuhr unser Kapitän wiederum zu einer Landestelle, bei der die Witterungsverhältnisse vielversprechend waren. Allerdings kam es anders. Das Wetter liess eine Anlandung in Moltke Harbour nicht zu. Daher entschieden sich die Expeditionsleiterin Anja und der Kapitän, noch am Vormittag einen Versuch in Gold Harbour zu machen.

Davon aber mehr im nächsten Blogbeitrag.

Mauren, 12. November 2017