Island 2018 (02)

 

Der Wetterbericht für den heutigen Tag verhiess nichts Gutes. Schneefall und starke Winde zwischen 120 und 150 kmh. Als wir uns zum Frühstück trafen, war bereits alles anders. Der Schneefall entpuppte sich als Regen, zumindest in den tieferen Regionen und die meisten Strassen waren rot markiert. Das hiess für uns, mit der Fahrt über den Pass zu den Wasserfällen Skogafoss und Selljalandsfoss wird es nichts. Im Hotelgebiet waren sie bereits mit dem Beseitigen des Schneematsches beschäftigt und wir verliessen die Anlage in der Dämmerung Richtung kleiner schwarzer Sandstrand von Vík í Mýrdal, der unmittelbar an der Küste des Ortes liegt. Und wir waren alleine, zumindest am Anfang. Der Strand war noch unberührt und die ersten weiteren Besucher konnten wir noch vom „Spuren machen“ abhalten. Die Wellen des Atlantiks brandeten schon heftig an den Strand und so nach und nach wurde am Himmel auch etwas Licht gemacht. Ab und zu kamen einzelne Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Erst fotografierten wir von der etwas erhöhten Warte von Sanddünen aus, dann gingen wir zum Strand um unser Glück zu versuchen.

Die Zeit verging im Flug und wir genossen das Schauspiel der Brandung am „relativ“ sicheren schwarzen Strand von Vík í Mýrdal. Einer (natürlich ich) wollte kurz vor Schluss noch etwas näher an die Wellen. Martin Zwick unser Fotoguide hatte uns ja gewarnt, tja, wer nicht hören will, wird nass! Wobei ich mich opfern musste. Er hat erzählt, dass immer einer nasse Füsse bekommt. Hätte ich mich nicht geopfert, würde bei den nachfolgenden Fotoreisen Martins Spruch nicht mehr passen. 😉

Gemäss Serdars „Statement“ hätte ja nichts passieren sollen, da die 10. Welle vorbei war. 😉

Diesmal war allerdings die 14. Welle die Auffällige. Es war ein eigenartiges Gefühl, auf einmal von Wasser und weissem Schaum umzingelt zu werden. Nur noch Wasser und ich mittendrin.

Knut Keller ein Fotograf unserer Gruppe konnte mein Wassertreten trockenen Fusses festhalten. Danke Knut.

Es ist nichts passiert, ausser dass meine Schuhe mit kaltem Wasser und einem gefühlten Kilo schwarzem Sand voll liefen und ich zur Strafe bis abends in den nassen Schuhen aushalten musste. Immerhin konnte ich meine kalten Füsse im Auto jeweils kurz erwärmen, bevor es wieder an die Kälte ging.

Der nächste Halt war dann am langen schwarzen Sandstrand von Vík í Mýrdal, wo einerseits das Wetter alle 10 Minuten wechselte und andererseits busweise Touristen angekarrt wurden, die mit ihren Handys, hohem Geräuschpegel und extremer Unvernunft den Strand in Besitz nahmen. ( Ich weiss, das ist mir auch schon aufgefallen, dass hier der eine Tourist über die anderen schimpft und das klingt, wie wenn ein Esel über den anderen Esel jammert.) aber bei uns ist das ja gaaanz anderst. 😉

Der Strand ist extrem gefährlich und fordert jedes Jahr Tote. Ein Teil unserer Gruppe konnte zusehen, wie ein Fotograf nicht nur nasse Füsse bekam sondern mitsamt der Ausrüstung im Wasser lag und Mühe hatte wieder auf die Beine zu kommen. Eine Welle erfasste ihn und der Sand unter seinen Füssen wurde weich und er sank ein, verlor den Halt und landete flach im Wasser. Er hatte Glück, dass keine zweite Welle ihn ins Meer zog. Aber die Fotoausrüstung hat nur mehr Schrottwert.

In diese Basalthöhle kann man gut gehen. Allerdings muss man immer wieder prüfen, ob die Wellen nicht stärker werden, damit man nicht am Rückweg gehindert wird.

S k o g a f o s s

Die Strassenverhältnisse hatten sich inzwischen verbessert und wir fuhren zurück über den Pass zum Skogafoss.

Nahe dem Ort Skogar findet sich einer der schönsten Wasserfälle Islands. Skogar wird als südlicher Zugang zum ewigen Eis des Gletschers Eyjafjallajökull gesehen. Der Name Skogafoss bedeutet „Waldwasserfall“ und geht auf die Zeit zurück, wo dieser Landesteil noch mit Wald bedeckt war, also kurz nach der Landnahme 800 bis 900 n. Chr. Der Skogafoss stürzt, wie auch der Seljalandsfoss ganz in der Nähe, von einer Klippe herab, die einstmals die natürliche Küstenlinie Islands war.

Die gesamte Insel hat sich am Ende der letzten großen Eiszeit soweit angehoben, dass eine Steilküste in der heutigen Höhe entstand. Der Skógafoss stürzt über mehr als 60 Meter in einem gewaltigen, 25 Meter breiten Wasservorhang hinab. Die Wassermassen des Skógafoss rauschen frei fallend in einem einzigen Schwall herab, keine Kaskaden, keine Unterbrechungen, nur ein einziger vollkommener Vorhang. Man fühlt sich klein als Mensch in der Nähe dieser Naturgewalt.

Mit ein wenig Sonne im Rücken sieht die Szenerie viel wärmer aus. In gut einer Stunde hatten wir von kalt und düster, warm und sonnig bis zum Schneesturm mit starken Winden alles. Islandwetter pur.

Hinter uns zeigte sich für ganz kurze Zeit der blaue Himmel und Sonne.

Am nächsten Tag war unsere Abreise geplant. Die Strassenverhältnisse sahen auf der Karte gut aus und wir mussten nur mit etwas heftigem Wind auf einzelnen Streckenabschnitten rechnen. Allerdings blieb der Wind dann aus, wir hatten eine ruhige Fahrt durch eine weisse Ödnis und das Wetter wurde zusehends besser. Wie man hier im Vatnajokullsprodgardur gut sehen kann.

Die Strasse zieht sich endlos durch die Gletscherablaufzonen und nur ab und zu muss ein jetzt kleiner Wasserlauf über eine Brücke überquert werden. Man fühlt sich irgendwie im Nirgendwo. Unser Ziel für heute ist der Skaftafell NP, wo wir die nächsten 3 Nächte bleiben werden.

S v í n a f e l l s j ö k u l l

Da bei der Ankunft im Hotel die Zimmer noch nicht fertig waren, fuhren wir zum Svínafellsjökull, einer Gletscherzunge des Vatnajökull.

Diese eindrucksvolle Gletscherzunge des Vatnajökull-Gletschers kommt vom höchsten Berg Islands herunter und war Drehort des Serien-Welterfolgs „Game of Thrones“. Der Svínafellsjökull – diese riesige Gletscherzunge des Vatnajökull – kommt in wilden Kaskaden vom Hvannadalshnúkur, dem höchsten Berg Islands, herunter. Eine der bekanntesten Island-Sagas – die Njáls saga – spielt auch hier unter dem Gletscher. Der Bauernhof aus der Sagazeit wurde im 17. Jahrhundert fast vom Svínafellsjökull begraben. Seit dieser Zeit ist der Gletscher aber wieder auf dem Rückzug. Seine Endmoräne ist heute ungefähr 2 Kilometer von der Ringstraße entfernt, von der aus die Gletscherzunge über eine Schotterpiste gut zu erreichen ist. Der Gletscher war aber nicht nur in der Sagazeit Schauplatz „mörderischer“ Geschichten. Für die Folge „Hinter der Mauer“ des Serienwelterfolgs „Game of Thrones“ wurden viele Szenen hier gedreht. Wie der Film zeigt, ein überaus geeigneter Drehort, wenn man eine dramatische und unberührte Landschaft zeigen will.

Unberührte Landschaft, mit der Menge an Touristen? Wir wurden tatsächlich überrascht. Erst waren wir alleine, als wir seitlich der Gletscherzunge etwas hoch kraxelten, dann kam zwar ein Bus, aber da waren wir bereits auf der Endmoräne gegenüber des Gletschers und es war ein Traum. Genau so wollten wir Island erleben. Einsam entlang der gestrandeten Eismassen, vor lauter Staunen die Kälte vergessend und irgendwie in der Zeit verloren.

Nach nur wenigen Minuten fotografieren spürte ich kaum mehr meine Finger, aber das pure Glück.

Svínafellsjökull: Schönheit und Gefahr

Wer glaubt, dass Gletscher nur weiß sind, irrt sich. Denn je nach Lichteinfall und geologischer Beschaffenheit zeigt sich das Eis in den unterschiedlichsten Farben. So gibt es am Vatnajökull und seiner Gletscherzunge Svínafellsjökull blauschimmernde Eisgrotten oder türkisfarbige Eisberge. Die dunklen Schichten im Eis stammen von Vulkanausbrüchen, von denen es einige gab. Die Eislandschaft verändert sich ständig, denn der Gletscher ist immer in Bewegung, wobei sich die Eismassen bis zu einem Meter pro Tag bewegen können. Und das kann man auch sehr deutlich hören, denn der Gletscher bewegt sich nur unmerklich aber mit leisem Knistern und Knacken und oft einem lauten Krachen. Wie gefährlich Gletscher sein können, zeigt ein tragisches Ereignis. Im Sommer des Jahres 2007 sind hier am Svínafellsjökull zwei deutsche Kletterer spurlos verschwunden. Trotz einer der größten Rettungsaktionen der isländischen Geschichte wurden sie nie gefunden. Eine Gedenktafel in der Nähe des Svínafellsjökull erinnert heute an diese Tragödie.

Die Gefahr ist uns ständig bewusst. Dafür sorgt auch das Krachen und Bersten des Eises. Es erinnert dich ständig, was da für Kräfte walten. Aber die Schönheit des Szenarios ist fast nicht zu fassen.

Vík í Mýrdal, 8. Februar 2018