Island und Grönland 08/2018 (05)

Am dritten Tag am Stück in Ilulissat, wie kann es in diesem Sommer anders sein, war wieder bedeckter Himmel und leichter Regen. Sie hätten den schlechtesten Sommer seit 10 Jahren, sagten die Grönländer. Es war auch keine Besserung in Sicht. Somit fiel uns der Abschied nicht ganz so schwer. Die Fahrt mit dem roten Schiff entlang der Disko Insel ist schon für sich eine Reise wert. Auch Tagestouristen können daran teilnehmen, die dann 12 Stunden unterwegs sind. Auf dieser Fahrt gibt es viele Eisberge zu bestaunen, man bekommt Frühstück und der Höhepunkt einige Zeit später ist dann ein Lunch ca. einen Kilometer von der Abbruchkante entfernt inmitten des Crash Eises, kleineren Eisbergen und begleitet vom Krachen des Gletschers.

Danach fuhr der Kapitän des Schiffes noch bis auf 500 m an den Gletscherabbruch und bahnte sich dann den Weg zur Anlandestelle der Glacier Lodge Eqi, in der wir für die nächsten 2 Tage wohnen durften.

Eqi Gletscher

Der Eqi Gletscher oder auf grönländisch Eqi Sermia befindet sich 80 km nördlich von Ilulissat und wird mit dem Boot oder einem Schnellboot durch den Ata Sund erreicht. Die 5 km lange und bis zu 200 m hohe, kalbende Gletscher-Abbruchkante ist mit dem Boot gut zu erreichen. Hier bietet sich die Chance, hautnah die Abbrüche von kleineren und grösseren Eisbrocken zu erleben. Wenn der Eqi-Gletscher kalbt, wird gepresste Luft wieder freigesetzt und es entstehen explosionsartige Geräusche. Immer wieder kracht und knackt es im Eis, wenn sich Spannungen entladen. Und immer wieder bricht ein Teil ab und verursacht auf der gegenüberliegenden Seite des Fjords eine Flutwelle. Auf einer Anhöhe über dieser „Todeszone“ liegt die Glacier Lodge Eqi oder so wie sie früher genannt wurde, Camp Eqi. Es ist eine nachhaltige Öko-Lodge mit 15 Hütten und einem kleinen Cafe. Man bemüht sich, den CO2 Ausstoss so gering wie möglich zu halten und verwendet nur Solarstrom. Der Müll wird in Säcken verpackt nach Ilulissat gebracht und ein Großteil der Hütten sind sehr einfacher Standard ohne Dusche und WC. Die erste Reihe, in der wir wohnen durften (2 Jahre im Voraus zu reservieren), hatte allerdings Dusche mit solargeheiztem Wasser, WC und Strom. Geheizt wird jede Hütte mit einem Gasofen, denn vor allem die Nächte sind sehr kalt. Aber alle Hütten haben einen traumhaften Ausblick zum gegenüberliegenden Eqi-Gletscher, dessen Abbruchkante ca. 5,5 km entfernt ist.

Gleich nach unserer Ankunft machte Martin, unser Fotoguide mit mir eine Wanderung zum Flussdelta. Wir wanderten bei Nieselregen über einen Felskamm ins Delta und dann der Felsküste entlang zurück. Die Tundra mit den vielen Blumen, Moosen, Flechten und Sukkulenten beeindruckte uns sehr.

Gegen Abend riss der bedeckte Himmel auf, ich glaube, dass die Sonne uns begrüssen wollte und wir konnten einen traumhaften Sonnenuntergang (23.15 Uhr) erleben.

Schon in der Nacht, ca. um 4.00 Uhr ging die Sonne wieder auf. Ich war kurz wach und freute mich über die tolle Morgenstimmung. Aber ich konnte mich nicht überwinden aufzustehen. Es war bitterkalt in unserer Hütte und unter dem Federbett raus zu kriechen war nicht mein Ding.

Zur Aufstehenszeit musste ich dann aber auf, weil die Vorstellung, bei der Kälte noch duschen zu gehen, mich zum Heizen veranlasste. Heizung volle Pulle an, damit es schnell geht und Badtüre auf, damit man nach der heissen Dusche keinen Kälteschock erleidet. Und während dem Warten auf angenehmere Temperaturen dem Gletscher zuzusehen wie er arbeitet, es gibt nichts Schöneres.

Der Eqi Gletscher war auch in der Nacht sehr produktiv und das ganze Wasser über und über mit Eisstücken verziert. Dazu ein blauer Himmel vom Feinsten und Sonne, Sonne, Sonne! Nach den trüben Tagen in Ilulissat eine riesige Freude.

Kurz nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zur seitlichen Moräne, um unmittelbar an der Abbruchkante, am Ort des Geschehens, dem Gletscher zuzusehen. Es krachte, ähnlich wie bei Blitz und Donner zuhause. Nur braucht der Gletscher keine Blitze um zu krachen.

Beim Aufstieg auf den Felsgipfel nach der Moräne, kommt man an der Messstation mit Kamera und Solarpanel vorbei, die Fest im Fels verankert ist. Wer mich da wohl beobachtet hat, als ich um das Teil herumlief?

Auf dem Rückweg entlang der Felsküste, immer wieder das gleiche, dich in Bann ziehende Bild: Eis, Eis und nochmal Eis! Man bleibt immer wieder stehen und zückt das Handy oder holt die Kamera heraus.

Ziemlich müde, aber überaus glücklich beschlossen wir, den späteren Nachmittag bis zum Abendessen mit dem Beobachten des Eqi Sermia von unserer Couch aus zu verbringen. Am Abend genossen wir erneut eine Traumstimmung, wobei aufziehende Wolken wieder eine Eintrübung des Wetters andeuteten.

Morgens um vier kroch ich trotz der Kälte unter der Bettdecke hervor, um die ungeheuerliche Stimmung einzufangen.

Einen Vormittag hatten wir noch, den wir geniessen wollten, bevor wir von unserem Boot mit Klaus am Steuer abgeholt wurden. Die Fahrt mit ihm zurück war wesentlich schneller, was sehr wichtig war, denn die Airline hatte mal wieder den Flug vor verschoben und wir hatten dadurch ein enges Zeitfenster, um den Flughafen zu erreichen.

Ja, es waren dann wieder die Eisberge, die uns innerlich jubeln liessen. 😉 Und dann zeigte uns unser Bootsführer Klaus noch das kleine Dörfchen Rodebay (auf grönländisch Oqaatsut), indem er einen kurzen Umweg fuhr. Oqaatsut ist eine Siedlung mit rund 40 Einwohnern und liegt ein halbe Stunde Fahrzeit entfernt 18 km nördlich von Ilulissat.

Nach der Ankunft mussten wir noch im Hotel den hinterlegten Koffer abholen bzw. noch unser „kleines“ Gepäck vom Eqi Camp darin verstauen. Der Flug von Ilulissat nach Keflavik führte uns über den Eisschild (Inlandeis) von Grönland, das ja zum grössten Teil unter einem gewaltigen Eisdeckel, dem grönländischen Eisschild liegt. Der grönländische Eisschild (Inlandeis) ist nach der Antarktis die zweitgrösste Eismasse auf der Erde. Gut 80 Prozent der Fläche Grönlands sind von Eis bedeckt. Grönlands Eisschild ist stellenweise mehr als drei Kilometer dick und fast fünfmal so groß wie Deutschland.

Wir hatten ein weiteres Mal Glück und durften bei recht guter Sicht das Inlandeis von oben betrachten. Unheimlich, wie gross diese Eiswüste ist. Es war sehr, sehr eindrücklich.

Weniger Glück hatten wir in Island auf der Whale Watching Tour. Wir sahen nur drei Minke Whales und einige Puffins, aber an fotografieren war nicht zu denken und der starke Wind und Wellengang liess uns die Tour vorzeitig abbrechen.

Vielen Dank an Martin Zwick und Jürgen Stock von Auf Kurs! Inselreisen für die umsichtige und perfekte Planung und Organisation.

Eine aussergewöhnliche Reise ging viel zu schnell zu Ende. Aber die Chance ist wesentlich grösser geworden, dass ich wieder nach Grönland und Island komme. Mein Plan ging auf und meine Frau hat den Nord Virus und den Eisberg Virus offensichtlich aufgenommen. Sie spricht schon davon wiederzukommen. 🙂

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Gardur, Reykjanes (Island) 12. August 2018

1 Kommentar

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Füllemann Speedy
13. August 2018 um 19:48

Schön Jürgen und Dagmar, dass ihr eine so tolle Reise erleben konntet! Ich mags euch von Herzen gönnen. Herzlichen Dank, dass ich – dank deinem Blog – auch einen Teil davon miterleben konnte! – Hoffen wir doch auf weitere schöne „Abenteuer & Reisen“!