Indien 12/2018 (04)

Vom Kanha Nationalpark wurden wir dann widerum abgeholt und in einer gut 7 stündigen Fahrt zur Savara Jungle Lodge vor den Toren des Tadoba Andhari Nationalparks gebracht. Savara heisst Vogelnest, ein passender Name für diese Lodge.

Der Tadoba Andhari National Park befindet sich in Chandrapur, im Bundesstaat Maharashtra, Indien. Es ist Maharashtras ältester und größter Nationalpark. Der Name „Tadoba“ wird von „Tadoba“ oder „Tar“ abgeleitet, der Gottheit dieser Region, während sich „Andhari“ auf den gleichnamigen Fluss bezieht.

Wir wurden gleich bei der ersten Fahrt mit Tigersichtungen belohnt.

Es sind jedes mal besondere Erlebnisse. Dieser Tiger kam direkt auf uns zu, um dann unmittelbar neben unserem Auto vorbei zu gehen. Vorsichtshalber habe ich meine Kamera in das Fahrzeug zurückgezogen. Ich hätte ihn streicheln können, liess das aber lieber bleiben, da ich es meiner Frau versprechen musste, gegenüber den Tigern zurückhaltend zu sein. 😉

Indien ist unglaublich gross und ein völlig anderes Land als alles was ich bisher gesehen habe. Und es sind diese Widersprüche die mich auf Schritt und Tritt verfolgen. Das besonders Arm sein und das extrem Reich sein, das Mülltrenn-System in meiner Unterkunft und das Abfallproblem in den Städten und am Strassenrand, das gereinigte Wasser in den Lodges und die Brunnen am Rand der Dörfer oder Strassen, wo sich Familien zum Waschen einfinden oder mit alten Kanistern und Gefässen Wasser für den Haushalt holen, prachtvolle Lodges und knapp eineinhalb Meter hohe Strohhütten, wo Frauen mit ihren Kindern bei Temperaturen um die 0 Grad und darunter schlafen müssen.

Ich bin hin und hergerissen zwischen Begeisterung und Entsetzen. Wenn ich hier sehe welchen Stellenwert Frauen haben und mit welchem Gleichmut die jungen Männer spukend und quatschend den Frauen bei der Arbeit zusehen und keinen Finger rühren, kommt mir das Kotzen. Unsere „GutmenschInnen“ sollten mal hier leben müssen. Oder besser nicht, denn dann wollen sie womöglich auch alle armen Inder retten und zu uns holen. Die Kulturen sind sowas von verschieden. Das kann in Europa einfach nicht gut gehen. Wir haben ein Ehepaar in unserer Gruppe. Wenn ein Fahrer sie begrüsst, dann gibt er die Hand über die Frau hinweg nur dem Mann. Wenn sie einen Guide was fragt, gibt er die Antwort nur dem Mann. Ich könnte die Idioten schütteln! Oder das Kastendenken. Immer wieder kann man die Hierarchien beobachten. Wenn Thomas von Amazing Views, Rajan unseren Naturguide etwas fragt, antwortet Vikram unser Fotoguide, der „höher“ ist. Dann die Beamten. Noch nie in meinem Leben musste ich so oft den Pass vorweisen wie hier. Bei jedem Eintritt in einen Nationalpark benötigst du den Pass. Hier im Tadoba NP wurden wir gestern im Park angehalten, die Pässe wurden kontrolliert und wir wurden nach Handys durchsucht, bzw. abgetastet, die im Park verboten sind. Von den drei Handys die wir dabei hatten, wurde keines gefunden. 😉 Das war eine sogenannte „Behind the Line“ Kontrolle wie sie die EU ja auch einsetzt. Ich kann nichts dafür, aber für mich sind das Dinge die mir Bauchweh machen für meine Kinder und Enkelkinder.

Aber nebst diesen Dingen gibt es natürlich auch die grandiose Natur mit den unglaublichen Tieren und den bunten Vögeln. Die Tiger sind tatsächlich sehr eindrucksvoll und gestern hatten wir eine spannende Begegnung mit einem Leoparden.

Am Abend wurde uns dann erzählt, dass am Vormittag eine Frau in der „Bufferzone“ von einem Leoparden getötet wurde. Nur getötet, nicht gefressen. Das ist kein gutes Zeichen, weil das bereits die vierte Tötung in 4 Wochen war. Jetzt muss dieser Leopard getötet werden, wenn sie ihn finden und identifizieren können. Denn offenbar hat er gefallen am Töten gefunden.

Der Tadoba Anhari NP besteht zu grossen Teilen aus Bambuswald und Teakwald, dazwischen immer mal wieder offenes Grasland und der Tadoba See, in dem auch Krokodile beheimatet sind.

Eine tolles Erlebnis hatten wir mit einem Tigerweibchen. Sie marschierte zweimal, immer rufend vor uns über die Strasse, um dann in einem Wasserloch ein Bad zu nehmen. Immer wieder rief sie nach ihren beiden Cups. Die sind allerdings bereits eineinhalb Jahre alt und fast schon grösser wie die Mutter. Als die Tigermami sich hinlegte kamen die Cups und begrüssten sie freudig. Es war wunderschön ihnen zuzusehen.

Und wir waren natürlich nicht alleine da. 😉

Ja und dann mussten wir ja bereits wieder packen, denn es ging zurück nach New Delhi.

Wir waren wieder mit drei Taxis unterwegs, als wir nach einer Stunde Fahrzeit unmittelbar bei einer Strassenbaustelle wenden mussten.

Hier wurde gerade ein neuer Strassenbelag betoniert. Der Beton wurde mit alten Jutesäcken abgedeckt, die dann gewässert wurden, damit der Beton nicht Risse bekommt.

Eine Fahrzeuginsassin in meinem Auto hatte den Pass in der Lodge verloren. Ein Mitarbeiter der Lodge war bereits unterwegs um ihn zu bringen. Wir mussten umdrehen und ihm entgegenfahren. Die anderen beiden Fahrzeuge fuhren weiter, damit sie den Flug in Nagpur erreichten. Dadurch bekamen unsere beiden Fahrzeuge die zum Flugplatz weiterfuhren, eine Stunde Vorsprung. Als wir am Flughafen ankamen, war der Vorsprung auf 20 Minuten geschrumpft. Es war ein Höllenritt den unser Fahrer da veranstaltete. Er war schnell, kompromisslos und kannte die Strecke sehr gut. Es war aber ein Wunder, dass nichts passiert ist und wir alle Heil angekommen sind. Neben dem Gaspedal war die Hupe das wichtigste Teil an unserem Auto. Ach ja, die Bremse kommt dann an dritter Stelle. 😉

Den Flug erreichten wir pünktlich und bereits am Abend kamen wir in New Delhi an.

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New Delhi, 16.12.2018