Antarctica, Weddell Sea, Falkland Islands 2019 (06)

Orne Harbour ist eine Bucht an der Danco-Küste des Grahamlands im Norden der Antarktischen Halbinsel in der Gerlach Strait und unsere heutige Anlandung vormittags.

Irgendwas mit dem blutigen, lauwarmen Lammfleisch vom vorigen Abend hat meinem Magen nicht gerade gut getan.

Die Anlandung in Orne Harbour musste daher meine Frau ohne mich machen. Zum Trost, danke Dagmar, hat sie mir aber ein paar Bilder mitgebracht, die ich euch nicht vorenthalten möchte.

Als ich diese Bilder gesehen hatte, war es nicht wirklich ein Trost, aber es war schön zu sehen, wie meine Frau nur noch happy war und am Dauergrinsen.

Unsere Weiterfahrt in die Charlotte Bay dauerte nicht allzu lange. Dann war ein dreistündiges Zodiac Cruising geplant. Nachdem sich mein Magen etwas beruhigt hatte, entschloss ich mich, daran teilzunehmen. Es war unglaublich schön zwischen den phantastischen Eisbergen zu fahren und immer mal wieder den Humpback Whales zusehen zu können. Wale beobachten finde ich super, Wale zu fotografieren nicht so. Mit der ganz grossen Ausnahme hier in der Antarktis. Die ockerfarbene Fluke eines Buckelwales vor dem Abtauchen zu sehen, im Hintergrund Schnee und Eis, war ein wunderschönes Erlebnis.

Diese Zodiac Ausfahrt vor den traumhaften Küsten war wieder ein Erlebnis für sich.

Über Nacht fuhr unser Schiff nach Gourdin Island. Das Wetter hatte gedreht und wir sahen erstmals nichts – nur Wasser und Nebel. Beim Frühstück erfuhren wir dann, dass trotzdem eine Anlandung gemacht werde. Früher konnten die Zodiacs bei starkem Nebel nicht fahren, doch heute fährt jeder Bootsführer mit GPS.

Gourdin Island ist die größte Insel einer Gruppe aus Inseln und Felsenriffen vor der Trinity-Halbinsel im Norden des Grahamlands auf der Antarktischen Halbinsel. Ja, wir sind bereits wieder Richtung Norden unterwegs und werden die Antarctic Peninsula bald hinter uns lassen um via Drake Passage Richtung Falkland Island aufzubrechen. Auf Gourdin Island befinden sich grosse Kolonien von Adelie Penguins, Chinstrap Penguins und eine kleinere Gentoo Penguin Kolonie.

Bereits die Anfahrt durch den dichten Nebel war besonders. Finden wir die Anlandungsstelle und vor allem, finden wir unser Schiff wieder? Ein Blick zurück zeigte, dass unsere Akademik Ioffe bereits nicht mehr sichtbar war, nur noch nachfolgende Zodiacs konnte man gerade noch sehen.

Allerdings wurden wir schnell abgelenkt durch den beissenden Gestank, der uns entgegenkam. Also irgendwo im Nebel mussten Pinguine sein, viele Pinguine. Kurz darauf hörten wir bereits das Schnattern, Rufen und Trompeten der noch unsichtbaren Vögel. Und kurz darauf sahen wir dann auch die ersten.

Martin Zwick, mein Fotoguide auf den Falklands vor zwei Jahren, hatte mir das Fotografieren von Pinguinen aus der Bodennähe beigebracht. Aber sorry Martin, in diese stinkende und teilweise flüssige Drecksbrühe habe ich mich definitiv nicht reingelegt. 😉 Ich wollte aber den Pinguinen nicht „von oben herab“ begegnen und bin deshalb immer mal wieder vor ihnen auf die Knie gegangen, auf annähernd Augenhöhe. Die Pinguine haben ihre Nistplätze gerne trocken. Sie sind also möglichst oben auf den Felsen, wo auch der Schnee von der Sonne vertrieben wurde. Aber da durften wir nicht hin, um die Jungen und die brütenden Pinguine nicht zu sehr aufzuregen.

Es war wunderschön, den süssen Pinguin Küken in den tollen Pelzmäntelchen zuzusehen. Man konnte sich nicht sattsehen und auch den dann einsetzenden Regen bekam man nicht so richtig mit. Bis dann das Objektiv so viele Wassertropfen abbekommen hatte, dass alles verschwommen zu sehen war.

Chicken Run

Besonders faszinierend, aber auch lustig, ist das Zusehen beim „Chicken Run“. Wenn ein Elternteil aus dem Meer zurück kommt, betteln die Jungen um Futter. Sie piepsen, schnäbeln und stupsen das Elternteil mit dem Futter oder bedrängen die „Futterstelle“ massiv. Durch das Schnäbeln wird der Würgereflex aktiviert, um den Fisch- und Grillbrei hochzuholen. Nicht alle Chicks bekommen das Futter gleich. Sie müssen es sich verdienen. Wie man im folgenden Video sieht, rennt die Mutter nach dem Schnäbeln davon. Schimpfend folgt ihr das Junge. Vor einem Felsen bleibt sie stehen, wartet bis der Nachwuchs da ist und springt dann runter. Sie dreht sich um, um das Küken zum Springen zu animieren, rennt dann aber einfach weiter bis zu ihrem vorigen Standort. Das Junge springt dann, fällt auf den Schnabel und als es aufstehen will, kommen gerade Pinguine aus dem Meer zurück und picken das Junge, dass es schneller rennt. Bei der Mutter angekommen, gibt es dann endlich den Fischbrei.


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Bei der Beobachtung der Pinguine muss man immer mal wieder laut lachen oder man grinst einfach so vor sich hin. Das, was meine Frau auch zwei Wochen nach Ende der Reise noch gelegentlich macht. Ja, ja ich weiss es. Sie denkt dann ganz sicher nicht an mich, sondern an ihre Pinguine, die sich einen Platz in ihrem Herzen erobert haben. Es sind die unzähligen kleinen „Geschichten“, die wir bei den Pinguinen beobachten durften, die uns immer mal wieder einfallen, auch mir. Nur für den Fall, dass mich jemand grinsen sieht.

Diese Raubmöve (Skua) verbeugte sich regelrecht vor mir. Vielleicht war das aber auch nur eine Art von Verdauungsübung. Die Horde von vollgefressenen Raubmöven, die vor lauter Fressen nicht mehr fliegen konnten, mussten nämlich warten, bis sie wieder einen Teil ihres Gewichtes verloren haben. Im Laufe einer Brutsaison werden bis zu 40 Prozent der Pinguin Population von diesen Raubvögeln gefressen. Kein Wunder, dass so viele hier auf Gourdin Island versammelt waren.

Bevor wir in die Zodiacs einsteigen durften, mussten wir unsere Stiefel, die Jacke und die Hose mit einer Bürste im Wasser stehend abschrubben.

Nach der Rückkehr auf’s Schiff stellten wir aber schnell fest, dass mit dem Abschrubben der Gestank nicht verschwunden war.

Der Geruch in unserer Kabine war entsprechend „fein“. Wir und in der Folge fast alle Passagiere verbannten daher Jacken und Hosen vor die Kabine.

Am späteren Nachmittag erreichten wir Brown Bluff, nahe der Nordspitze der Antarktischen Halbinsel und der höchste Berg der Tabarin-Halbinsel. Er versteckte sich im Nebel und wir sahen nicht viel von ihm. Unser Expedition Team entschloss sich zu einer Zodiac Ausfahrt. Vom Boot aus konnten wir sehr sehr viele Pinguine sehen und auch die springenden und durch die Luft fliegenden Pinguine beobachten. Faszinierend waren auch die grossen und kleinen Eisschollen und Eisberge auf denen viele oder auch wenige Pinguine ein geschäftiges Treiben an den Tag legten. Seefahrern gleich, bewegten sie sich mit ihren Eisbergen durch die Bucht und machmal trieb die Strömung sie ganz in die Nähe des Schiffes. Wenn sie unserem Schiff zu nahe kamen, wurde die Hektik gross. Alle rannten zur der dem Schiff abseits liegenden Eiskante und stürzten sich mit grosser Panik ins Meer. Ab und zu blieb einer übrig. Und der winkte mir zu, als wollte er sagen: „Lauter Feiglinge, ich nehme euer Schiff nicht ernst, ich bleibe.“ Vielleicht aber war er nur wasserscheu und hatte sich nur geschüttelt. Wer weiss das so genau. Mir gefällt besser, dass er mir zu gewunken hatte. 😉

So tollpatschig die Pinguine sich auch an Land oder auf dem Eis bewegen, im Wasser sind sie pfeilschnell und sie springen immer mal wieder aus dem Wasser, um kurz zu fliegen.


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15. Februar 2019, Mauren

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In Arbeit …