Kanada 02/2019

Von Zürich aus führte uns der erste Flug in 9,35 Stunden direkt nach Toronto. Zeitunterschied zu Zürich, minus 6 Stunden.

.

Die Bilder sind vom Anflug auf Toronto, Ontario, Canada

.

Uns? Das heißt, dass ich einmal mehr mit meinem bewährten Reisebegleiter Speedy aus Grindelwald unterwegs sein darf. Von Toronto ging es nach kurzer Wartezeit in knapp 3 Stunden nach Winnipeg weiter. Zeitunterschied, nochmals minus eine Stunde.

.

Thunder Bay, Ontario, Canada

.

Beim Anflug auf Winnipeg sieht man bereits wieder auf den Bildern, wie es kälter wurde.

.

.

Dort trafen wir in einem Hotel direkt am Flughafen auf unsere kleine Gruppe von 5 Teilnehmern und Daisy Gilardini, deren Fotos uns zu dieser Reise animiert hatte.

Nach einem frühen gemeinsamen Abendessen übernachteten wir dort. Hundemüde, aber mehr als dösen und kurze Nickerchen waren nicht drin. Dem entsprechend blieb diese Müdeigkeit auch nach dem Aufstehen und Duschen bestehen. Es war nun wesentlich kälter als zuhause. Nach – 6 Grad in Toronto hatten wir hier bereits minus 15 Grad, ein Vorbote der Kälte, die uns im Wapusk NP erwartete.

.

.

Wir sollten kurz nach 7 Uhr nach Churchill, eine 1000-Seelenstadt an der Hudson Bay abfliegen, mussten aber noch in einer Warteschlange von Flugzeugen auf die Enteisung warten, weil es etwas geschneit hatte und das Flugzeug eingefroren war. Der Flug dauerte dann kurze 2 Stunden.

.


Film: Flugzeugenteisung Winnipeg

http://rottmar.com/wp-content/uploads/2019/02/large-23.mov

.

In Churchill wurden wir abgeholt und in ein Tageshotel gebracht. Denn unser Zug ins Nirgendwo sollte erst am Abend nach 18.00 Uhr in Churchill abfahren.

Hier konnten wir nochmals duschen, weil dann für die nächste Woche kein fließendes Wasser mehr zu Verfügung stand. Unser Zug, der uns in 2 Stunden ins „Nirgendwo“ bringen sollte, hätte Verspätung, wurde uns gesagt. Wieviel Verspätung? Das wusste man nicht so genau. Die abreisenden Teilnehmer brachten die vorgewärmte Outdoorkleidung, Jacke, Hose, Schuhe, mit denen wir dann eingekleidet wurden. Ich hatte Glück, meine eigene Jacke, die „Sibirienerprobte“, stand den Leihjacken nicht nach und so musste ich nicht zwangsweise eine Jacke mit „Geruch“ in Empfang nehmen. Mit den Schuhen hatte ich Glück, da meine Größe nicht vorhanden war und ich „nigelnagelneue“ bekam. Nur die Hose war quasi „vorgewärmt“. Die Hose war aber wirklich besser und wärmer als alles, was ich mitgebracht hatte. Unser Zug fuhr dann statt um 18.00 Uhr um 21.30 Uhr in den „District 23, Unorganized Land.

.

Danke Alex für die beiden Speisewagenfotos.

.

Es war eine endlose Reise. Die sehr langsame Zugfahrt durch die stockdunkle Nacht brachte uns tatächlich ins „Nirgendwo“, wo uns dann Raupenfahrzeuge erwarteten.

.

.

Diese brachten uns durch die schneeverwehte Einsamkeit in knapp 2 Stunden zur Lodge, wo wir erwartet wurden. Wir wurden unglaublich durchgeschüttelt. Das waren keine Straßen, sondern man fuhr querfeldein über zugefrorene Seen und die verschneite und verwehte Tundra. Inzwischen war es 0.30 Uhr und unsere Müdigkeit entsprechend groß. Die ganze Hütte (eigentlich nennen sie sich Lodge) war eine einzige Sauna. Unglaublich heiß und man(n) schwitzte fast wie in den überheizten Häusern in Sibirien. Nach der Zuteilung in die 4-Bett Zimmer wollte jeder nur noch schlafen. Zwei Dinge standen dem im Weg. Die extreme Hitze und ein Zimmergenosse, der dauerhaft Schnarchgeräusche in der Lautstärke eines startenden Düsenjets abgab, nur unterbrochen durch seine WC-Gänge so alle 1 bis 2 Stunden. Er ist 80 Jahre alt und wenn ich buchen könnte, dass ich in dem Alter so beieinander bin, würde ich sofort unterschreiben. 😉

Speedy und ich machen wenigstens nur leise Geräuschchen, wie ein Spielzeugflugzeug. Ja genau und ab und zu fliegt vielleicht mein Großkind damit, dann kann es etwas lauter werden. 😉

Irgendwann war die Nacht vorüber und wir saßen beim Frühstück. Zwei Spiegeleier, Speckstreifen und Kartoffeln frisch von der Heizplatte weckten unsere Lebensgeister.

.


Sehr viel kälter als Eis und 3-mal so kalt wie im Tiefkühlschrank


.

Die Spannung stieg, was uns da draußen erwartet. Auf jeden Fall eine extreme Kälte, in der Früh hatte es minus 37 Grad und minus 10 Grad Windchill zusätzlich. Minus 47 Grad und in unserer Hütte mindestens gefühlte 35 Grad plus.

.

.

Und es sollte noch kälter werden. Minus 49 Grad inkl. Windchill.

Nach der ersten Nacht in der Wat’chee Lodge wird dann unser Abenteuer beginnen. Freu mich ungemein darauf und über meinen derzeitigen „Erlebnishunger“ und dass ich alles, was ich eigentlich nicht mag, einfach beiseite wische. 😉

.

Erster Tag

Nach dem Frühstück gab es ein kurzes Briefing, dass sie bisher nur eine Höhle gefunden hätten und noch nicht klar wäre, wann die Bärenmami mit den 2 Jungen rauskommen würden. Aber wir müßten bereit sein, denn es ginge unter Umständen sehr schnell. Danach machten wir uns reisefertig, das heißt, wir mussten uns warm anziehen. Das alleine ist bereits eine Tortur, die ich im normalen Leben meiden würde.

Wenn dann die Türe unserer Hütte aufgemacht wurde, war das in etwa so, wie wenn man einen Tiefkühlschrank öffnen würde.

.

.

Unsere Raupenfahrzeuge waren bereit und nach dem Beladen ging die Fahrt los.

.

.

Uns wurde dann gezeigt, wo sich die vermeintliche Höhle befinden sollte und dann suchten wir uns einen Standort für das Stativ und die Kamera.

.

.

Hier also sollte die Höhle sein, kaum vorstellbar. Distanz zu den Bäumen ca. 100 Meter, knapp links vor den höchsten Bäumen, da wo der Schnee etwas gelblich ist, sollte sie sich befinden. Weil es schnell gehen sollte, brach Hektik aus, ein Kampf um die „besten Plätze“ begann. Ich verstand nur noch Bahnhof, ging ans Ende der Reihe und stellte mein Equipment auf.

.

.

Für mich war das etwas zu abstrakt, weil ich die Höhle nicht wirklich ausmachen konnte und daher nicht so richtig wusste, auf was ich achten sollte. Dazu beschlich mich ein ungutes Gefühl, wenn ich die Materialschlacht um mich betrachtete. Was will ich eigentlich hier mit meinem „Stativchen“ und meinem „Objektivchen“? Die anderen schießen aus großen und größten Rohren auf die armen Babies, ging mir durch den Kopf. Irgendwie war ich in eine Ausrüstungsschlacht geraten und eine große „Ich habe … Show“. 500 mm Brennweite, 600 mm Brennweite, 800 mm Brennweite dazu Konverter, Cropkameras oder die beiden Filmteams von National Geographic und dem französischen und kanadischen Fernsehen mit 2’500 mm und 1’500 mm Brennweite. Stative, die gut und gerne doppelt so hoch waren wie meines und ich vermutlich eine Leiter brauchen würde um meine Kamera zu bedienen. Dazu die neueste Outdoorkleidung mit „Injacketverkabelung“ und eingebauter Heizung an allen wichtigen und noch wichtigeren Stellen. Mit einem anderen Fotografen haben wir mal kurz überschlagen, was der Materialwert der Ausrüstung ausmachen könnte. Wir kamen auf rund 1 Million Dollar, wobei der Großteil natürlich auf die beiden professionellen Filmteams zurückzuführen ist.

.

.

Eine Horde von 24 Fotografen und Filmern auf einem Haufen ist wie eine Nabelschau unserer Gesellschaft im Kleinen. Einige stolzieren in Pfau-Pose rum, weil sie vermeintlich zu den Besten gehören. Andere sind die Besten, da sie in der Vergangenheit „Winnerpictures“ produzierten und schon jede Menge Wettbewerbe gewannen und ausgezeichnet wurden.

Nach einem kurzen Schütteln holte ich mich wieder zurück und sagte mir, dass ich wie üblich einfach nur mein Ding mache. Fertig.

Wir standen schon 1,5 Stunden da, ein kurzer Blick zur Kamera, fokussieren, auslösen – nichts ging mehr, der Akku war fertig. Die Kälte saugte den Strom einfach raus. Andere Kameras funktionierten noch. Ich war beruhigt, als ich sah, dass die Markenverwandtschaft meiner Kamera die gleichen Probleme hatte. Das löste aber nicht mein Problem. Abhilfe: Batterie möglichst nah am Körper tragen und einsetzen wenn die Kamera gebraucht wird.

Nach über 5 Stunden „Warterei“ bei knapp minus 50 Grad und immer mit dem Gefühl, womöglich etwas zu verpassen, ging der Tag ohne Sichtung eines Bären vorbei. Die Minus-Temperatur war wirklich extrem und wenn ich meine Handschuhe auszog, ich mag sie ja nicht, war die Kälte sehr schmerzhaft. Ohne diesen Schmerz würde ich das Anziehen von Handschuhen einfach vergessen und die Erfrierungsgefahr wäre wesentlich grösser.

.

.

Unsere Kleidungsschichten:

Unterwäsche

lange Unterwäsche

3 Paar Socken

Flanellhemd

wattierte Hose

Daunenjacke

Daunenhose, die bis zur Brusthöhe reicht

Primaloft Kapuzenjacke

dicke Mütze mit Ohrenklappen

dicke Daunenkapuzenjacke mit Felleinfassung

.

Zweiter Tag

Am nächsten Tag beim morgentlichen Briefing wurde uns mitgeteilt, dass die Bärin mit den Babies außerhalb der Höhle war, aber dass die Babies noch sehr klein wären.

Mit Elan stürzten wir uns in den neuen Tag und wurden erneut enttäuscht. Keine Eisbären, keine Vögel oder anderen Tiere, aber wiederum die extreme Kälte. Warum muss der Wetterbericht recht haben, dass die beiden ersten Tage schweinekalt würden.

.

.

Abgesehen davon, dass wir mit unserem Stativ nur den Claim absteckten, ließen wir nach dem Desaster des ersten Tages unsere Kamera im Auto, an der Wärme. Die Zeit totzuschlagen war und ist auch eine besondere Herausforderung. Man kann sich nicht mal mit essen und trinken ablenken. Mit aller Kraft musste man verhindern, dass man die Toilette benötigte. Es wird zwar jeden Tag ein schwarzes Zelt aufgestellt mit einer Trockentoilette drin. Aber jeder, der halbwegs kann, möchte das verhindern. Das Zelt ist durch die schwarze Farbe von der Sonne annehmbar aufgewärmt, aber das Problem ist das Entblättern und Durchkämpfen durch die vielen Lagen. Wir Männer haben noch einen kleinen Vorteil, der aber auch nicht gerade lustig ist. Übrigens bleibt auch beim Wasserlassen bei minus 50 Grad alles flüßig und erstarrt nicht zu Eis. Dazu müßte die „Fallhöhe“ viel größer sein. 😉

.

.

Außerhalb des Autos war es zu kalt und innen im Auto extrem eng. Gegen Ende des Tages zählt man dann die Minuten bis zur Heimfahrt. Immer wieder kam Hektik auf, wenn mal wieder einer glaubte, etwas gesehen zu haben. Es waren alles Fehlalarme. Auch an diesem Tag hatten wir kein Glück und nichts regte sich bei der Höhle. Wir glaubten schon fast nicht mehr daran, dass wirklich Eisbären in der Höhle wohnen könnten. Für mich war es ein Marketing, eas da gemacht wurde. Als die Sonne unterging, hatten wir eine traumhafte Stimmung, die Kälte steigerte sich ins Unerträgliche und die Fahrt zurück dauerte viel länger, oder besser, sie hörte nicht auf. Vielleicht, weil wir dringend ein WC unter halbwegs normalen Verhältnissen brauchten.

.

.

Dritter Tag

Speedy und Sami aus unserer Gruppe mussten zuhause bleiben, weil sie krank waren. Irgendwie war es für den Rest der Gruppe nicht gut. Man hatte fast ein schlechtes Gewissen, wenn man daran dachte, dass womöglich die Bären aus der Höhle kommen würden. Aber es kam dann sowieso anders. Denn die Bären hatten kein Interesse daran herauszukommen. Der Sonnenuntergang entschädigte uns ein klein wenig.

.

.

Es war der dritte Tag ohne Erfolgserlebnis. Unsere Patienten waren, auch wenn sie sich bemühten es nicht offen zu zeigen, etwas erleichtert. Ehrlich gesagt, wir auch, denn es wäre für uns nicht sehr angenehm gewesen.

.

Vierter Tag

.


Film: Fahrt zur Eisbären Höhle

http://rottmar.com/wp-content/uploads/2019/03/large-29.mov

.

Erst fuhren wir 1,5 Stunden zur Höhle, wo sich in den nächsten zwei Stunden wie in den letzten drei Tagen nichts tat. Ein neuer Tag, ein neues Spiel. Glück muss man(n) haben oder (und) Geduld. Unsere Gesichter wurden zusehends länger. Dazu trugen natürlich auch die diversen Geschichten anderer Teilnehmer bei.

Daisy: „Als ich letztes Jahr mit meiner Gruppe hier war, hatten wir das erste Mal Polarbären am sechsten und letzten Tag unseres Aufenthaltes.“

Christian: „Wenn du in 12 Tagen dreimal Bären siehst, ist das ein Grund mit Champagner anzustossen.“

Eberhard: “ Bei meinem letztjährigen Aufenthalt habe ich nur 10 Tage Sturm erlebt und fuhr ohne Fotos nach Hause. Darum bin ich diesmal für 18 Tage hier.“

Daisy: „Für meine erste Bärenmami mit Babies brauchte ich 13 Tage, um sie zu sehen.“

Ja, ja die Geduld ist eine Tugend (die ich eigentlich nicht habe) und das Glück ist denen hold, die nicht aufgeben. Und das werde ich bis zur Abreise nicht.

Am Nachmittag erlebten wir einen „Wärmeeinbruch“ und genossen ihn. Es hatte nur -29 Grad ohne Windchill und mit zunehmender Sonne wurde es dann noch „wärmer“. Die Temperatur stieg auf minus 20 Grad und ich konnte auf Handschuhe und Mütze verzichten und die äußerste Schicht, die fette Daunenjacke offenlassen, da mir zu warm war. Andere Hartgesottene zogen die Jacke gleich aus.

Wir waren gerade am Schlürfen unserer obligatorischen Gemüsesuppe aus dem Plastikbecher, als ein Funkspruch kam. Unsere Scouts hatten auf der anderen Seite der Lodge, in der Nähe des Fletcher Lake eine wandernde Eisbärin mit zwei Jungen entdeckt.

.

Die Wat’chee Lodge befindet sich beim blauen Punkt.

.

Unsere tägliche Fahrt führte uns am Lovett Lake vorbei zur Eisbären-Höhle. Die gesichtete Eisbären-Familie befand sich dann 3 Stunden Fahrzeit entfernt in der Nähe des Fletcher Lake.

Wir packten zusammen und fuhren diese knapp 3 Stunden in die entgegengesetzte Richtung. Danke an dieser Stelle an Norman, unseren Fahrer, der sehr rücksichtsvoll und sicher fuhr und bei dem wir richtig gut aufgehoben waren.

.

.

Es war ein Traum, die Eisbärmami lag da und die beiden Babies spielten auf ihr. Unglaublich. Man konnte sich gar nicht sattsehen und die Kamera arbeitete auf Hochtouren. Kurze Unterbrechungen waren notwendig, da dem Auslösefinger an der Kamera das Erfrieren drohte.

.

.

Als es dann immer dunkler wurde, richtete sie sich auf und säugte die beiden Racker. Ich hatte da bereits aufgehört zu fotografieren, saß im Warmen und beobachtete die drei mit dem Fernglas. Nicht nur die Zehen und Finger wurden warm, sondern auch das Herz. Sie war so fürsorglich und zärtlich zu den beiden, ein berührender Anblick.

.


Es war ein Gefühl von Frieden, das mein Herz zum Leuchten brachte.


.

Diese Bilder werde ich nicht mehr aus meinem Kopf bringen. Das reine Beobachten mit dem Fernglas hatte eine ganz andere Qualität als das Fotografieren.

Die fotografierende Fotografenmeute musste sich mit dem schwindenden Tageslicht herumschlagen und die Empfindlichkeit des Sensors ihrer Kameras auf ungewohnte 10 – 20’000 ISO hochschrauben. Es gab dann zwar keine guten Bilder mehr, aber sie bekamen „Überhauptbilder“.

Die Wildnis hier berührt einen wirklich, aber nur wenn man die Chance bekommt und „Polarbears with Cups“ auch beobachten darf. Nach dem heutigen Tag gehören wir zu den Glücklichen.

.

Fünfter Tag

.


Das Glück ist ein Vögelein und fliegt von Ast zu Ast …


.

Der fünfte Tag begann wie jeder vorherige Tag mit einer anstrengenden Fahrt zur „Polarbear Den“, zur Eisbären Höhle. Wir befinden uns ja in der Division Nr 23, Unorganized in Manitoba, Canada, in der Wat’chee Lodge.

Wat’chee – our wilderness will touch you

Wat’chee heisst auf deutsch „Der grosse Hügel“. 1950 als Militärstation gebaut, wurde diese Basis 1995 von den heutigen Besitzern gekauft und renoviert. In den Anfangsjahren war das Ganze noch sehr klein und einfach ausgestattet. Doch die ersten Fotografen und Filmteams besuchten bereits diese besondere Gegend. 1970 wurden die veralteten Gebäude durch ein vorfabriziertes Gebäude, ausgelegt für nun 24 Gäste und 10 Beschäftigte ersetzt. Alles, aber auch wirklich alles, vom Wasser über die Lebensmittel bis zum Brennholz und dem Heizöl für den Generator muss mit einem großen Caterpillar aus Churchill hergeschafft werden. Sie machen wirklich einen extrem guten Job. Und das für nur 5 Wochen im Jahr.

Norman, unser Fahrer, brachte uns wieder sicher zu unserem Beobachtungsposten vor der Eisbärenhöhle.

.

.

Die Fahrspuren waren mit zunehmender Anzahl der Fahrten immer mehr ausgefahren und der Komfort nahm immer mehr ab. Das hielt mich nicht ab, den Großteil der Fahrt zu schlafen. Kaum angekommen, stellte man sein Stativ an einer Position mit möglichst freiem Blick zu Höhle auf. Dann zogen sich die meisten wieder in die geheizten Autos zurück.

Um es kurz zu machen, bis 30 Minuten vor der Rückfahrt passierte gar nichts. Dann brach auf einmal Hektik aus. Jeder brachte seine Kamera in Position und drückte ab, wenn sich etwas bei der Höhle tat. Kurz darauf war alles wieder ruhig und bei der Kontrolle der Bilder eines Kollegen mit einer gaaaanz langen Brennweite sahen wir, dass die Bärenmami kurz den Kopf gezeigt hatte und kurz darauf auch noch ein Junges. Zumindest wussten wir nun, dass die Höhle wirklich besetzt ist und wir die viele Zeit nicht umsonst hier verbracht hatten. Und es gab „Überhauptbilder“. 😉

.

.

Wir waren aber alle froh, dass wir wenigstens am vorigen, am vierten Tag das schöne Erlebnis in der Nähe des Fletcher Lakes hatten.

.

Sechster Tag

Der heutige Tag brachte uns wieder die große Kälte. Minus 45 Grad inklusive Windchill. Die große Mehrheit der Fotografen zog sich heute ins Auto zurück. Zusätzlich zu den kalten Temperaturen war heute auch der Wind sehr stark. Offensichtlich war es auch der Bärenfamilie zu kalt. Wir sahen sie heute überhaupt nicht.

Von ganzen sechs Tagen hatten wir nur 3,5 Stunden „Bärenzeit“. Eine mehr als magere Ausbeute wenn man den Aufwand betrachtet. Die restliche Zeit bestand aus warten in eisiger Kälte und mit einem mehr als beschränkten Ausblick.

.

Links vor dem grössten Baum ist die Polar Bear Den (Höhle)

.

Norman, unser Fahrer, erzählte uns, dass von der Lodge aus nur im Umkreis von 15 Meilen die Bären beobachtet werden dürfen und dass seit 3 Jahren immer weniger Bärenhöhlen gefunden wurden. Das Gebiet ist aber rund um die Wat’chee Lodge mehr als 200 Meilen groß, in jede Richtung. Die Polar Bears können also ausweichen. Nur eine Höhle zum Beobachten war eindeutig zu wenig, da wir hier keine Vögel oder anderen Tiere oder keine spannende Landschaft vorfanden. Prinzipiell bin ich kein Spieler, aber hier habe ich bei einem Glücksspiel teilgenommen und nicht bei einer Fotoreise. Anders sieht es für unsere „anwesende“ Fotografin aus. Daisy hat einfach die Chance mit zwei Gruppen hier zu sein und damit eine höhere Wahrscheinlichkeit, erneut ein „Winnerpicture“ zu machen. Und wenn nicht, hat sie ihren Verdienst und den gratis Aufenthalt.

Es war wirklich eine herausfordernde Reise, die uns einiges abverlangt hat. Aber das Wichtigste überhaupt ist, dass man sich aus der Komfortzone raus begibt. Das haben Speedy und ich gemacht. Wir sind stolz darauf und wenn dann noch ein schönes Bild dabei entstanden ist, sind wir happy.

Hannes Lochner, unser Amazing Views Fotoguide in Afrika, hat uns beiden ja beigebracht: „You only need one Picture.“

.

.

Habe hier hautnah eine raue Natur erlebt. Vor allem wie klein und hilflos wir sind gegenüber der Weite, dem vielen Schnee, dem Wind, der Kälte und anderen Lebewesen, die ein eingebautes Navi haben wie die Eisbären. Mag den ganzen Tripp nicht missen. Muss allerdings dazusagen, dass für mich die Begegnung mit der Eisbärenfamilie ungemein wichtig war. Auch wenn ich mir einzureden versuchte, dass ja keine Garantie bestand.

Ende gut, alles gut? Fast! Erst muss ich noch sehen, ob eines der Fotos was hergibt. Zumindest für mich, nicht für die „Oberüberdrüberundüberhauptfotografen“ die ich hier kennengelernt habe. Und falls die Fotos nicht zu gebrauchen sind, hilft mir der folgende Gedanke:

.


Fotos kann man löschen. Erinnerungen nicht.


.

Die Anreise war fast so lange wie der Aufenthalt. Einerseits ging die Zeit schnell vorbei und andererseits bewegte sie sich im Schleichgang, wenn wir vor der Eisbären Höhle warteten. Da wir ja die Polarbear Cups beobachten konnten, war es an der Zeit zu gehen und Platz für die nächste Gruppe zu machen.

Die Raupenfahrzeuge brachten uns mit dem Gepäck zum Zug, der mitten in der endlosen Weite für uns stehen blieb. Das Gepäck wurde in den Gepäckwagen verladen, der Zug fuhr etwas vor, damit wir einsteigen konnten und damit begann die Heimreise. Wir hatten die Herausforderung angenommen, Erfahrungen gesammelt und gingen mit vielen neuen Eindrücken zurück in unsere gewohnte Komfortzone. Es ist kaum zu beschreiben, aber die Vorfreude auf eine heiße Dusche in Winnipeg war riesengroß.

.


Film: Abschied von der Wat’chee Lodge

http://rottmar.com/wp-content/uploads/2019/03/large-30.mov

.

Nordlicht

Ja, man(n) hätte das wunderschöne Nordlicht fotografieren können. Hätte, hätte, Fahradkette!

.


Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es.


.

Uns allen war es viel zu kalt, um die Nordlichter auf den Sensor zu bannen. Originalton Speedy: „Die Nordlichter können wir in Europa bei minus 5 Grad fotografieren, da brauche ich das doch nicht bei minus 50 Grad machen!“ Dem gab es fast nichts hinzuzufügen.

Uns allen war es viel zu kalt? Halt stopp! Da war doch der Gallier, nein einer der Schwaben aus unserer Gruppe, der sich eiskalt über Speedy’s Hinweis mit der Kälte hinwegsetzte, sich in die vielen Kleidungsschichten zwängte und mit Kamera und Stativ in die dann doch etwas frischen -50 Grad wagte. Das Ergebnis war sensationell. Einstimmig wurde er zum Gruppensieger erklärt und sein Bild zum „Winnerpicture in Daisygreen“. (Insider)

.

Nochmals herzliche Gratulation zum eindeutigen Sieg und vielen Dank für das zur Verfügung stellen des Siegerbildes für den meistgelesenen Blog in Liechtenstein. (Halt nur von mir, aber das ist ja nicht nichts, oder?) 😉

.

Foto: Alexander Schmitt, Stuttgart

.

Wat’chee, Wapusk NP, Manitoba, Canada 27.02.2019